Rechtsprechung zum Schockschaden ist Orientierungspunkt und Obergrenze für Hinterbliebenengeld

23.10.2018 - Landgericht Wiesbaden - Aktenzeichen 3 O 219/18

Landgericht Wiesbaden

Urt. v. 23.10.2018, Az.: 3 O 219/18


eigene Zusammenfassung:

Der Kläger macht als Überlebender Hinterbliebenengeld nach seiner verstorbenen Ehefrau geltend. Der Kläger war mit seiner Ehefrau über 40 Jahre verheiratet. Strittig ist wie häufig die Höhe des zu zahlenden Hinterbliebenengeldes. Das Gericht führt aus, dass der Gesetzgeber die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze für Schockschäden bei dem Unfalltod nahestehender Personen als Orientierung für die Bemessung annehmen wollte. Das Gericht gibt zu bedenken, dass das Hinterbliebenengeld im Gegensatz zum Schockschaden keine eigenen Gesundheitsschaden beim Hinterbliebenen voraussetzt, so dass es die gängige Bemessungsgröße von 10.000,- € für Schockschäden auch gleichzeitig als regelmäßige Obergrenze für das Hinterbliebenengeld sehen will.

Tip: Die Grenze von 10.000,- € wurde bereits mehrfach überschritten, was jedoch die Darstellung eines besonderen Näheverhältnisses zwischen der Verstorbenen Person und dem Hinterbliebenen voraussetzt. Weiter ist erhöhend vorzutragen, dass die Hinterbliebene Peson besonders stark trauert, um diesen Betrag zu überschreiten.

Nachdem dies wohl nicht geschehen ist, hat das Gericht in seinem Beschluss eine über 10.000,- € hinausgehende Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt.



Tenor

Im Übrigen wird der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe hinsichtlich des Antrages zu 1) zurückgewiesen.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe war zurückzuweisen, soweit der geltend gemachte Anspruch aus § 844 Abs.3 BGB einen Betrag in Höhe von 4.000,00 € übersteigt. Das Gericht geht dabei davon aus, dass der Kläger unter Zugrundelegung einer Haftung des Versicherungsnehmers einen Anspruch gemäß § 844 Abs.3 BGB in Höhe von 10.000,00 € hätte. In der Gesetzesbegründung zu § 844 Abs.3 BGB heißt es:“ Die Höhe des Schmerzensgeldes bei Schockschäden und die insoweit von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze können eine gewisse Orientierung geben. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass der Anspruch auf Hinterbliebenengeld keine außergewöhnliche gesundheitliche Beeinträchtigung voraussetzt.“ Diese Erwägungen sind so zu verstehen, dass die bisher in der Rechtsprechung entwickelten Beträge bei der Bemessung eines angemessenen Schmerzensgeldes für Schockschäden bei dem Unfalltod nahestehender Personen so wohl einen Orientierungspunkt als auch die denkbare Obergrenze für eine Entschädigung als Hinterbliebenengeld darstellen. Denn ein solcher Schmerzengeldsanspruch setzt eine eigene Rechtsgutverletzung und damit eine erhebliche Gesundheitsbeeinträchtigung voraus und führt dazu, dass bei einem gleichzeitigen Vorliegen der Voraussetzungen beider Ansprüche der Anspruch auf ein Hinterbliebenengeld in dem Schmerzensgeld nach der Schockschaden Rechtsprechung aufgeht. Der bisher entwickelten Rechtsprechung zur Höhe des Schmerzensgeldes bei sog. Schockschäden kommt daher eine wichtige Orientierungshilfe zu. Unter Zugrundelegung dieser Erwägungen und im Hinblick darauf, dass ein Schmerzensgeld in Höhe von 10.000,00 € bei Schockschäden einen bereits überdurchschnittlich hohen Betrag darstellt, ist das Gericht der Auffassung, dass selbst unter Zugrundelegung der Tatsache, dass der Kläger mit seiner Ehefrau bereits 40 Jahre lang verheiratet war, seitens der Beklagten ein Hinterbliebenengeld von nicht mehr als 10.000,00 € zu zahlen wäre. Unter Abzug der geleisteten zwei Teilzahlungen in Höhe von jeweils 3.000,00 €, verbliebe somit noch ein Anspruch in Höhe von 4.000,00 €.


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