25.000,- € Hinterbliebenengeld für den Ehemann und Schmerzensgeld für die Verstorbene nach Behandlungsfehler von Arzt und Krankenhaus

26.07.2018 - Landgericht Düsseldorf - Aktenzeichen 3 O 250/15

Landgericht Düsseldorf

Urt. v. 26.07.2018, Az.: 3 O 250/15

eigene Zusammenfassung

Es war über Schmerzensgeld einer wegen eines Behandlungsfehlers verstorbenen Frau zu entscheiden. Die durchgeführte Behandlung war medizinisch nicht indiziert. Über die bedeutsamen Komplikationsrisiken wurde durch den Arzt nicht hinreichend aufgeklärt.

Das Landgericht hat den Arzt dazu verurteilt ein eher geringes Schmerzensgeld in Höhe von 3.000,00 Euro für die Leiden zu bezahlen, die der Verstorbenen durch die Behandlung entstanden sind. Dieser Schmerzensgeldanspruch der Verstorbenen ist auf die Erben übergegangen und wurde vom Ehemann geltend gemacht. Beachtlich ist hierbei, dass die Krisis nur wenige Stunden gedauert hat und die Verstorbene auch nicht die ganze Zeit bei Bewusstsein war. Sie befand sich während der Leidenszeit in ärztlicher Behandlung und unter Medikamenten.

Dem Ehemann wurde wegen des ihm zugefügtem seelischen Leides eine Entschädigung in Höhe von 25.000,00 Euro zugesprochen. Obwohl Haftpflichtversicherer von Ärzten und Krankenhäusern außergerichtlich lediglich 3.000,00 € bis 5.000,00 € an Zahlung anbieten und allgemein 10.000,00 € nach der Gesetzesbegründung angenommen werden, spricht das Gericht hier ohne weitere Begründung eine Zahlung von 25.000,00 € zu.

Den größten Betrag machte der Haushaltsführungsschaden mit 85.000,00 Euro aus, da die verstorbene Ehefrau dem kläger nicht mehr wie bislang den Haushalt führen konnte. Es wurde davon ausgegangen, dass die Ehefrau den Haushalt selbst bis zum 80. Lebensjahr geführt hätte. Hier wird außergerichtlich auch von den Haftpflichtversicherern weitaus geringere Zeitspannen angenommen.



Tenor

Die Beklagten zu 2, 4 und 5 werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger aus übergegangenem Recht ein Schmerzensgeld in Höhe von 3.000,00 Euro, eine Entschädigung für seelisch zugefügtes Leid in Höhe von 25.000,00 Euro, jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26. Oktober 2015, sowie weitere 85.000,00 Euro (fiktiver Haushaltsführungsschaden) zu zahlen.

Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1 und zu 3 trägt der Kläger, im Übrigen werden die außergerichtlichen Kosten des Klägers sowie der Beklagten zu 2, 4 und 5 gegeneinander aufgehoben.

Ansonsten tragen der Kläger und die Beklagten zu 2, 4 und 5 ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Die Gerichtskosten tragen der Kläger zu 70%  und die Beklagten zu 30%.

Das Urteil ist für den Kläger sowie wegen der außergerichtlichen Kosten für die Beklagten zu 1 und 3 gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des beizutragenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Sicherheitsleistungen können durch die unbedingte und unbefristete Bürgschaft einer Bank oder öffentlichen Sparkasse mit Sitz auf dem Gebiet der Europäischen Union erbracht werden.

Tatbestand

Der Kläger macht als Erbe seiner am 5. Februar 2015 in den Einrichtungen des Universitätsklinikums Düsseldorf verstorbenen Ehefrau gegenüber den Beklagten einen Anspruch auf Schmerzensgeld sowie aus eigenem Recht Schadensersatzansprüche geltend.

Die am 26. Februar 1949 geborene Ehefrau des Klägers erkrankte im Jahre 2009 an Borreliose. Im Zusammenhang mit der Behandlung dieser Krankheit wurde im November 2014 (auch) eine Elektrokardiografie (EKG) gefahren. Dieses zeigte bedeutsame Unregelmäßigkeiten, woraufhin die Patientin sich bei dem Beklagten zu 1 (Kardiologe) ärztlich vorstellte. Dieser führte eine Echokardiografie durch und gab der Patientin vor, zur weiteren Befundabklärung bzw. zur Abklärung eines detektierten Linksschenkelblocks eine Angiographie der Herzkranzgefäße vornehmen zu lassen. Hierzu meldete er die Patientin bei der Beklagten zu 2 für den 4. Februar 2015 an. Entsprechend erfolgte diese Untersuchung an demselben Tag ab 9:45 Uhr. Der Eingriff wurde um 10:36 Uhr beendet, woraufhin die Patientin in die entsprechende Überwachungseinheit neben dem Herzkatheterlabor verlegt wurde. Die Untersuchung war bis dahin bei stabilem Kreislauf der Patientin komplikationslos verlaufen. Daher wurde die Patientin gegen 13:40 Uhr auf die periphere Station des Klinikums verlegt. Dort beklagte sie erstmalig gegen 13:48 Uhr von ihr verspürte thorakale Schmerzen. Das daraufhin gefahrene EKG erbrachte lediglich den bekannten Linksschenkelblock ohne sonstige Veränderungen der Parameter zu dem Vor-EKG. Die Patientin synkopierte sodann gegen 14:30 Uhr und musste auf der Station reanimiert werden. Danach wurde die Ehefrau des Klägers sediert erneut in das Herzkatheterlabor gebracht, in dem um 14:49 Uhr eine erneute Herzkatheteruntersuchung stattfand. Dieses erbrachte eine wesentliche Flussverzögerung in der linken Herzkranzarterie als Folge einer aufgetretenen Aufspaltung der inneren Gefäßwandschicht der Arterie (Dissektion). Im Weiteren gelang es, die Patientin an eine extrakorporale Herzlungenmaschine anzuschließen, nachdem aus dem Universitätsklinikum Düsseldorf der fachärztlich spezialisierte Oberarzt der dortigen Herzchirurgie, Prof. an Ort und Stelle hinzugerufen worden war. Unter der Herzlungenmaschine gelang es sodann, einen ausreichenden Perfusionsdruck des Herzens wiederherzustellen. Daraufhin wurde die Sedierung ausgesetzt, wonach die Patientin aufwachte und sich körperlich bewegte. Die Patientin wurde daraufhin gegen 21:15 Uhr in die Einrichtungen der Universitätsklinik Düsseldorf verlegt. Dort verstarb sie letztlich am 5. Februar 2015 um 00:16 Uhr.

Diesen Leidensweg seiner Ehefrau mit letalem Ausgang lastet der Kläger den Beklagten an.

Insoweit wirft er dem Beklagten zu 1 vor, die Durchführung einer Koronarangiographie angeordnet zu haben, die Patientin habe damals nicht unter Herzbeschwerden gelitten, so dass es medizinisch nicht indiziert gewesen sei, eine derartige invasive Untersuchung zu veranlassen. Zudem habe der Beklagte zu 1 es unterlassen, die Patientin über die bedeutsamen Komplikationsrisiken, die mit einer Koronarangiographie einhergingen, aufzuklären.

Der Vorwurf mangelnder Aufklärung betreffe zudem die Beklagten zu 3, 4 und 5, da es auch ihnen oblegen habe, seine Ehefrau präoperativ in ausreichender Weise aufzuklären. Tatsächlich verhielte sich zu der Aufklärung seiner Ehefrau lediglich der Aufklärungsbogen des Beklagten zu 1 vom 2. Februar 2015, der zudem nur die Unterschrift der Patientin aufweise.

Bezogen auf die Durchführung der ersten Herzkatheteruntersuchung sei es dem Beklagten zu 5 vorzuwerfen, bei dem Zurückziehen des Katheters nicht erkannt zu haben, dass eine kleine Verletzung des Endothels stattgefunden habe; bereits zu dem Zeitpunkt, zu dem die Patientin über thorakale Schmerzen geklagt habe, hätte der Beklagte zu 5 in Form einer zeitnahen Intervention umgehend reagieren müssen, die aufgrund des regelwidrigen Verhaltens der bezeichneten Ärzte erst mit einer Verspätung von etwa 4 Stunden erfolgt sei. Bei einem rechtzeitigen regelgerechten ärztlichen Vorgehen hätte die konsekutive Reanimation der Patientin sowie der aufgetretene kardiogene Schock noch vermieden werden können, zudem auch ein exitus letalis. Der Vorwurf, die im Rahmen der ersten Herzkatheteruntersuchung aufgetretene Dissektion nicht erkannt zu haben bzw. nach dem postoperativen Eintreten der thorakalen Schmerzen der Patientin nicht umgehend interveniert zu haben, betreffe zudem auch die Beklagten zu 3 und

Die Beklagten haben jegliche Haftungsverpflichtung zurückgewiesen.

Der Kläger beantragt daher,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn aus übergegangenem Recht ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 75.000,00 Euro sowie aus eigenem Recht weitere 116.752,00 Euro (fiktiver Haushaltsführungsschaden), jeweils mit Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26. Oktober 2015, und bezogen auf seine seelischen Schmerzen eine Entschädigung von 25.000,00 Euro zu zahlen.

Die Beklagten beantragen die Klage abzuweisen.

Sie tragen im Wesentlichen vor, dass die Patientin bereits vor Durchführung der streitbefangenen Herzkatheteruntersuchung von dem Beklagten zu 1 „umfassend über Vor- und Nachteile sowie die gesundheitlichen Risiken einer Herzkatheruntersuchung“ aufgeklärt worden sei. Diese Aufklärung sei am Tag der Durchführung der Herzkatheruntersuchung in den Einrichtungen der Beklagten zu 2 seitens des Beklagten zu 5, der zudem eine der Muttersprache der Patientin mächtige Krankenschwester als Dolmetscherin hinzugezogen habe, wiederholt worden. Unabhängig davon sei von einer hypothetischen Einwilligung der Patientin auszugehen, da zur hinreichend sicheren Abklärung einer vital bedrohlichen koronaren Schädigung ihres Herzens keine alternative Untersuchungsmethode bestanden habe. Im Rahmen der ersten Herzkatheruntersuchung habe sich keine Koronardissektion dargestellt; dies ergebe sich auch aus der entsprechenden digitalen Aufzeichnung des Herganges der Untersuchung (vgl. dazu: CD-Rom, Hülle Bl. 159 a). Sodann sei auf die von der Patientin berichteten postoperativen thorakalen Beschwerden umgehend medizinisch regelgerecht reagiert worden, wobei es gelungen sei, in die dissektierte koronare Gefäßwandschicht eine Stentanlage einzubringen und hierdurch einen regelgerechten Blutfluss wieder vollständig herzustellen. Die Tatsache, dass es trotz alledem zu dem Ableben der Patientin gekommen sei, stelle sich letztlich als schicksalshaft dar.

Die Beklagten sind dem Anspruchsbegehren der Klägerin auch im Übrigen dem Grunde und der Höhe nach entgegengetreten. Hierzu sowie zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie zu dem Ergebnis der gerichtlich durchgeführten Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der Gerichtsakten nebst den zugehörigen Anlagen, die dem Gericht vorlagen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

                                   

Die Klage ist teilweise begründet; die Beklagten zu 2, 4 und 5 sind verpflichtet, an den Kläger als Gesamtschuldner aus übergegangenem Recht ein Schmerzensgeld in Höhe von 3.000,00 Euro sowie wegen des ihm zugefügtem seelischen Leides eine Entschädigung in Höhe von 25.000,00 Euro und als Ersatz für den entstandenen Haushaltsführungsschaden weitere 85.000,00 Euro nebst Zinsen in zuerkannter Weise zu zahlen; die weitergehende Klage wird in der Hauptsache als unergründet abgewiesen, §§ 253, 280, 611 (ärztlicher Behandlungsvertrag), 630a ff., 1922, 278, 421, 844, 840 BGB. Die weitergehende Klage wird zurückgewiesen.

I.

Aufgrund des unstreitigen Sachverhaltes sowie des Ergebnisses der gerichtlich durchgeführten Beweisaufnahme sind die Beklagten zu 2, 4 und 5 gesamtschuldnerisch dem Kläger zur Haftung verpflichtet, da sie der begründete Vorwurf eines Behandlungsfehlers trifft.

1. Zu diesem hat der gerichtlich bestellte Sachverständige ausnahmslos folgerichtig und nachvollziehbar festgestellt, dass im Rahmen der ersten Herzkatheteruntersuchung, die um 9:45 Uhr begann, medizinisch vorwerfbar eine aufgetretene Ausspaltung der inneren Gefäßwandschicht der linken Herzkranzarterie (Dissektion) übersehen wurde, aufgrund deren Auftretens es absolut indiziert gewesen wäre, therapeutisch sofort zu intervenieren: Einbringung einer Stentanlage in den betroffenen Herzkranzgefäß. Denn aus der mit Schriftsatz vom 10. März 2017 zu den Gerichtsakten gereichten CD-Rom, die die bildgebende Aufzeichnung des Eingriffes enthält, die der gerichtlich bestellte Sachverständige selbst ausgewertet hat, geht gemäß seinen Feststellungen unzweifelhaft eine entsprechende Dissektion sowie die Bildung eines Kontrastmitteldepots hervor. Zwar ist diese Pathologie nur in der Sequenz der Aufzeichnung, die die Einbringung des ersten Katheters betrifft, erkennbar, nicht jedoch in den nachfolgenden Sequenzen. Eine Nachhaltigkeit der Erkennbarkeit ist jedoch nicht zu fordern, da es für eine Interventionspflicht ausreicht, dass jedenfalls in einer der Sequenzen, wie gegeben, der Befund einer Dissektion hervortritt.

Es ist daher den Beklagten zu 4 und 5 anzulasten, auch wenn diese in anzuerkennender Weise in dem Bemühen tätig waren, der Patientin bestmögliche medizinische Hilfe zukommen zu lassen, das Auftreten dieser Dissektion sowie des Kontrastmitteldepots nicht erkannt zu haben, obwohl dies bei Aufbringung der einem Arzt abverlangten bestmöglichen Sorgfalt möglich gewesen wäre. Dieses Fehlverhalten muss sich zudem die Beklagte zu 2 zurechnen lassen, § 278 BGB.

Der gerichtlich bestellte Sachverständige hat weiterhin überzeugend festgestellt, dass bei einem regelgerechten therapeutischen Vorgehen, bei dem die Patientin noch im Rahmen der ersten Herzkatheteruntersuchung auf dem Untersuchungstisch umgehend medizinisch zu versorgen gewesen wäre, der weitere Geschehensablauf, der letztlich auch zu dem Tod der Ehefrau des Klägers geführt hat, mit „guten Erfolgsaussichten“ hätte abgewendet werden können.

2. Die rechtliche Haftungsverpflichtung betrifft jedoch lediglich die Beklagten zu 2, 4 und 5.

Ein fehlerhaftes Verhalten des Beklagten zu 3, dem in den Einrichtungen der Beklagten zu 2 die Stellung eines Chefarztes zukommt, hat sich hierzu nicht ergeben. Soweit für das Gericht hervorgetreten ist, oblag die medizinische Behandlung der Patientin verantwortlich den Beklagten zu 4 und 5. Im Hinblick auf deren fachärztlichen Ausbildungsstand durfte der Beklagte zu 3 daher ohne besondere Anweisungen oder Kontrolle dieser Ärzte davon ausgehen, dass diese die Patientin umfassend gemäß den allgemein anerkannten Facharztstandards aufklären, untersuchen und behandeln werden. Etwas anderes ist von dem Kläger auch unter Berücksichtigung des von ihm außergerichtlich eingeholten Privatgutachtens nicht konkret vorgetragen worden.

3. Zudem ist auch eine Haftungsverpflichtung des Beklagten zu 1 nicht begründet.

a) Auf dessen Veranlassung wurde die Patientin zwar in den Einrichtungen der Beklagten zu 2 in der gegebenen Weise untersucht. Hierzu hat der gerichtlich bestellte Sachverständige jedoch festgestellt, dass medizinisch eine hinreichende sichere Abklärung des neu diagnostizierten Linksschenkelblockbildes sowie der betroffenen Koronarien nur in Form der durchgeführten Herzkatheteruntersuchung möglich gewesen ist. Der Sachverständige hat im Rahmen seiner Anhörung zudem herausgestellt, dass er, hätte ihm die Behandlung der Patientin oblegen, ihr diese Untersuchung ebenfalls angeraten hätte. Demnach bestand medizinisch eine anzuerkennende Indikation zur Durchführung einer Herzkatheteruntersuchung.

b) Im Übrigen oblag es eigenverantwortlich auch den mit der Behandlung der Patientin in den Einrichtungen der Beklagten zu 2 betrauten Ärzte, die von dem Beklagte zu 1 gestellte Indikation zur Durchführung einer Herzkatheruntersuchung regelgerecht zu überprüfen. Zudem hätte von den Ärzten der Beklagten zu 2, wie der gerichtlich bestellte Sachverständige ebenfalls festgestellt hat, eine eigene Aufklärung der Patientin im Hinblick auf die mit einer Herzkatheruntersuchung verbundenen ärztlich unbeherrschbaren Komplikationsrisiken erfolgen müssen.

Zu einer solchen Aufklärung hat der gerichtlich bestellte Sachverständige zwar die aus seinem schriftlichen Gutachten hervorgehenden Einwände erhoben; diese betreffen unter anderem die sprachliche Fähigkeit der Patientin, die ihr zu Teil gewordene Aufklärung zu verstehen (da ihre Muttersprache polnisch ist).

c) Letztlich ist die Beweisaufnahme zu der regelgerechten Aufklärung der Patientin gemäß den entsprechenden Anträgen der Beklagten zivilprozessrechtlich jedoch nicht fortzusetzen, da entsprechend dem Vorbringen der Beklagten jedenfalls von einer mutmaßlichen Einwilligung der Ehefrau des Klägers auszugehen ist, die Herzkatheteruntersuchung zuzulassen, wäre die Patientin regelgerecht aufgeklärt worden. Es ist mutmaßlich mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht davon auszugehen, dass die Ehefrau des Klägers, nachdem sie sich bereits aufgrund ärztlicher Empfehlung bei dem Beklagten zu 1 kardiologisch vorgestellt hatte und untersuchen ließ, im Hinblick auf den neu diagnostizierten Linksschenkelblock davon abgesehen hätte, sich zur Abklärung damit verbundener (möglicher) koronarer Schädigungen, wie medizinisch angeraten, weitergehend untersuchen zu lassen, obwohl sie für den Fall, dass sie sich gegen eine solche Untersuchung aussprechen sollte, wie ihr ärztlich vorzustellen gewesen wäre, mit dem Bestehen und/oder plötzlichen Auftreten schwerwiegender koronarer Schädigungen hätte rechnen müssen, die sich unbehandelt in ihren Auswirkungen als tödlich erweisen könnten. Dabei ist zudem zu berücksichtigen, dass der gerichtlich bestellte Sachverständige hervorgehoben hat, dass das Bestehen eines Linksschenkelblocks „immer“ bedeutet, „dass eine entsprechende Störung bereits vorliegt“. Zudem ist beachtlich, dass gemäß den weiteren Feststellungen des Sachverständigen die mit der Durchführung einer Herzkatheruntersuchung verbundenen allgemeinen Komplikationsrisiken sich nur als „sehr gering“ darstellen und im „Promillebereich“ anzusiedeln sind.

Die sich gegen die Beklagten zu 1 und 3 richtende Klage ist daher unbegründet und abzuweisen.

II.

Aus der gesamtschuldnerischen Haftungsverpflichtung der Beklagten zu 2, 4 und 5 folgt:

1. Die Beklagten sind verpflichtet, an den Kläger als Alleinerben seiner verstorbenen Ehefrau ein auf ihn übergegangenes Schmerzensgeld in Höhe von 3.000,00 Euro zu zahlen. Dabei hat sich auszuwirken, dass rechtlich der Eintritt des Todes für sich nicht die Zuerkennung eines Schmerzensgeldes rechtfertigt. Im Hinblick auf die aufgetretene Krisis, die sich im Wesentlichen erst gegen 13.45 Uhr darstellte und dem Ableben der Patientin am Folgetag gegen 00.16 Uhr hat diese im Sinne zu berücksichtigender immaterieller Beeinträchtigungen allenfalls im Rahmen dieser Zeitspanne, zudem auch nur, soweit sie bei Bewusstsein gewesen ist, mitbekommen, dass es zu einem schwerwiegenden gesundheitsgefährdenden Ereignis gekommen war, dass sich für sie zudem als lebensbedrohlich darstellen könnte. Dieser Sachverhalt rechtfertigt infolgedessen gegenüber dem Anspruchsverlangen des Klägers nur ein relativ geringfügiges Schmerzensgeld von 3.000,00 Euro.

2. Darüber hinaus steht dem Kläger gemäß § 844 Abs. 3 BGB eine Entschädigung für die seelischen Beeinträchtigungen, an denen er infolge des unerwarteten und plötzlichen Todes seiner Ehefrau ausgesetzt war, zu. Dem entsprechenden Entschädigungsverlangen in Höhe des geltend gemachten Betrages von 25.000,00 Euro ist rechtlich nicht entgegenzutreten.

3. Letztlich ist auch das Anspruchsbegehren des Klägers im Hinblick auf den geltend gemachten fiktiven Haushaltsführungsschadens überwiegend begründet. Das Gericht legt gemäß dem Sachvortrag des Klägers insoweit zugrunde, dass seine verstorbene Ehefrau voraussichtlich bis zu ihrem 80 Lebensjahr befähigt gewesen wäre, selbständig den Haushalt in der von ihr bis zu dem Zeitpunkt ihres Ablebens vorgenommenen Weise zu versorgen. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass diese Befähigung mit zunehmenden Lebensalter abnimmt. Auf der Grundlage von 12 Wochenstunden für die Dauer von rund 14 Jahren sowie unter Zugrundelegung einer Haushaltstätigkeitsvergütung von 10,00 Euro pro Stunde steht dem Kläger daher ein Schadenersatzanspruch in Höhe von (insoweit interpelliert) insgesamt 85.000,00 Euro zu.

Das weitergehende Anspruchsbegehren des Klägers ist dagegen der Höhe nach unbegründet und abzuweisen.

4. Das Zinsbegehren des Klägers rechtfertigt sich, wie geltend gemacht, nach der gesetzlichen Verpflichtung der Beklagten zu 2, 4 und 5 zur Zahlung von Prozesszinsen, § 288, 291 BGB.

Die prozessualen Entscheidungen folgen aus §§ 92, 100, 709, 108 ZPO.

Streitwert:   215.752,00 Euro


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