Schmerzensgeldanspruch des Getöteten

Der Tod eines Menschen an sich ist bereits tragisch. Leider wird diese Tragik noch dadurch gesteigert, dass vor dem Ableben meist eine mehr oder weniger lange Phase mit Schmerzen für denjenigen einhergeht, der dann letztendlich doch den Kampf um sein Leben verloren hat. Zu den Schmerzen kommen auch noch die psychischen Belastungen von Todesängsten hinzu, die dann entstehen, wenn der Sterbende bei Bewusstsein ist und ihm klar wird, dass er sein Leben verlieren wird. Dem Getöteten stehen dann eigene Schmerzensgeldansprüche gegen denjenigen zu, der den Tod verursacht hat. Nachdem der Schmerzensgeldanspruch vererblich ist, können die Hinterbliebenen nicht nur einen eigenen Anspruch auf Hinterbliebenengeld wegen des selbst empfundenen seelischen Leids gem. § 844 Abs. 3 BGB geltend machen, sondern als Erben auch den Schmerzensgeldanspruch des Getöteten nach § 823 BGB i.V.m. § 253 BGB.

Welche Voraussetzungen müssen gegeben sein, damit man den Schmerzensgeldanspruch des Getöteten geltend machen kann?

Für Eilige das Wichtigste vorab in Kürze:

  • Wurde ein Mensch aufgrund der Handlung eines Dritten getötet?
  • Sind Sie Erbe oder Miterbe des Getöteten geworden?
  • Hat der Getötete vor dem Tod Schmerzen gelitten?

Wenn Sie die Fragen mit ja beantworten konnten, dann steht Ihnen mit großer Wahrscheinlichkeit der Anspruch des Geschädigten auf Schmerzensgeld wegen seines Todes zu. Die Höhe ist von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls abhängig und kann in Extremfällen bis zu 50.000,- € betragen.

Es lohnt sich immer den ganzen Artikel zu lesen.

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1) Normtext

§ 823 Abs. 1 BGB lautet wie folgt:

„Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet."

§ 253 Abs. 2 BGB lautet wie folgt:

Ist wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung Schadensersatz zu leisten, kann auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden.“

2) allgemeine Voraussetzungen des Schmerzensgeldanspruchs

Voraussetzung für einen Anspruch ist eine vollständige unerlaubte Handlung gegen einen Menschen, dessen Folge eine Verletzung seines Körpers ist. Führt die Verletzung zum Tod, so wirkt sich dies für den Schmerzensgeldanspruch nicht erhöhend aus. Ein Ersatz ist für den Verlust des Lebens nicht zu bezahlen.

Zum Tod führende Verletzungen schließen einen Schmerzensgeldanspruch aber auch nicht aus, obwohl die Regelung des § 253 Abs. 2 BGB, nach der die Verletzung des Rechtsguts Leben keine billige Entschädigung in Geld zur Folge hat, nicht entgegen. Ein Anspruch auf Schmerzensgeld ist bei einer tödlichen Körperverletzung nur ausgeschlossen, wenn sie keine vom Tod abgrenzbare immaterielle Beeinträchtigung darstellt, die Verletzungshandlung also unmittelbar zum Tode führt (BGH NJW 1998, 2471, 2473). Ferner kann kein Anspruch auf Schmerzensgeld gegeben sein, wenn schwerwiegende, den Geschädigten empfindungslos machende Verletzungen alsbald zum Tod führen und dieser nach den konkreten Umständen des Falles, insbesondere wegen der Kürze der Zeit zwischen Schadensereignis und Tod, sowie nach dem Ablauf des Sterbevorgangs dieser derart im Vordergrund steht, dass eine immaterielle Beeinträchtigung durch die Körperverletzung als solche nicht fassbar ist (BGH a.a.O.).

Schmerzensgeld ist also für die Schmerzen geschuldet, die der Getötete vor dem Tod leiden musste. Sofern der Getötete zusätzlich noch Todesängste gelitten hat, ist auch für diese psychische Belastung ein Ersatz in Geld geschuldet und das Schmerzensgeld erhöht sich entsprechend.

Grundsätzlich sind Dauer und Intensität die maßgeblichen Bemessungskriterien für das Schmerzensgeld.

3) Tod und verkürzte Lebenserwartung

Es gibt in Deutschland keine Anspruchsgrundlage, kein Gesetz, das für die Verminderung der Lebenserwartung einen Geldbetrag zusprechen würde. Erhält der Geschädigte aufgrund der Verletzungen eine Schmerzensgeldrente, so ist die Schmerzensgeldrente selbst dann nicht zu erhöhen, wenn die Lebenserwartung des Betroffenen durch die Verletzungen vermindert wird (OLG Hamm, Urteil v. 11.09.2002, Az. 9 W 7/02).

Tritt der Tod unmittelbar, also innerhalb weniger Sekunden ein, ist gar keine Schmerzensgeldzahlung geschuldet, da der Geschädigte "nur" sein Leben verloren hat, welches nicht entschädigt wird. Für das seelische Leid der Hinterbliebenen, zu erfüllende Verpflichtungen aus Unterhalt, die Kosten der Beerdigung etc. greifen andere Mechanismen des Schadensersatzes.

4) Höhe des Schmerzensgeldes

Liegen vom Tod als Solchem abgrenzbare Beeinträchtigungen vor, gelten die gleichen Bemessungsfaktoren wie für das Schmerzensgeld eines den Unfall Überlebenden.

Maßgebend für die Höhe des Schmerzensgeldes bei einer Körperverletzung, an deren Folgen der Verletzte alsbald verstirbt, sind im Wesentlichen die Schwere der Verletzungen, das durch diese bedingte Leiden, dessen Dauer, das Ausmaß der Wahrnehmung der Beeinträchtigung durch den Verletzten und der Grad des Verschuldens des Schädigers (BGH NJW 1998, 2741, 2742; Slizyk, Beck’sche Schmerzensgeldtabelle, 9. Aufl. Rn. 225; Hacks/Wellner/Häcker, Schmerzensgeldbeträge, 32. Aufl. S. 16; Palandt/Grüneberg, BGB, 74. Aufl. § 253 Rn. 19, 11).

Die Höhe eines in Deutschland bezahlten Schmerzensgeldes ist aber im Vergleich zu anderen Ländern verhältnismäßig gering. Es ist auch keine Einheitlichkeit in der Rechtsprechung gegeben.

Ein ansprechbares und über seinen Zustand sich im Klaren befindliches, lebensgefährlich verletztes Unfallopfer bzw. dessen Erben erhielten lediglich 15.000,- € nach dem Tod nach 32 Tagen auf der Intensivstation. Bei schwerem Schädel-Hirn-Trauma und einem künstlichen Koma erhielten die Erben beim Tod nach 10 Tagen bereits 14.000,- € zugesprochen (BGH NJW 98, 2741). Beim Tod nach ununterbrochenem Koma von 8 Tagen wurde aber auch schon lediglich ein Schmerzensgeld von 5.000,- € zugesprochen.